Kategorien verknüpfen

Symbolbild

Grounded Theory Übung 4: Theoretisches Codieren und Mini-Modellbildung

in der S-Bahn, Mensa, Stadion,…

Zeitbedarf: 20–25 Min. Material: Ergebnisse aus Übung 1–3 (Codes, Kategorien, B-H-K-Skizzen), Notizbuch oder digitales Pad, Timer. Ziel: Ich beginne, Beziehungen zwischen meinen Kategorien zu modellieren. Ich entwickle erste Hypothesen über Verbindungen zwischen Bedingungen, Handlungen und Konsequenzen – also ein Mini-Modell meiner Grounded-Theory-Welt (Glaser 1978; Corbin & Strauss 2015; Charmaz 2014).

Schritt 1 – Zentrale Kategorie identifizieren (3 Min.)

Ich wähle aus meinen bisherigen Kategorien (z. B. Taktisches Schlangestehen, Affektives Synchronisieren) diejenige aus, die am häufigsten oder am verbindendsten auftaucht. Sie bildet mein theoretisches Zentrum.

Schritt 2 – Beziehungskarten zeichnen (5 Min.)

Ich skizziere alle anderen Kategorien um die zentrale Kategorie herum. Dann verbinde ich sie mit Pfeilen und beschrifte die Verbindungen mit einem kurzen Satz: „führt zu…“, „hemmt…“, „ermöglicht unter Bedingung von…“. Ziel ist kein perfektes Diagramm, sondern eine sichtbare Denkbewegung.

Schritt 3 – Theoretische Codes formulieren (5 Min.)

Ich suche nach übergeordneten Beziehungslogiken (Glaser 1978):

  • Kausalität – Was bewirkt was?
  • Kontext – Wann tritt etwas auf?
  • Strategie – Welche Handlung dient welchem Zweck?
  • Prozess – Wie verändert sich etwas über Zeit?

Beispiel: „Affektives Synchronisieren verstärkt Taktisches Schlangestehen unter hoher Dichte → Affekt-Regulations-Kette.“

Schritt 4 – Mini-Modell als Text (7 Min.)

Ich schreibe einen Fließtext von 8–10 Sätzen, der die Beziehung zwischen meinen Hauptkategorien erzählt. Ich nutze dabei das Wenn–dann–unter-Bedingung-Muster: „Wenn …, dann …, unter …, dadurch …“. So entsteht ein narrativer Theoriekern.

Schritt 5 – Theoretische Sättigung prüfen (3 Min.)

Ich überprüfe, ob neue Daten (aus Übung 3 oder späteren Beobachtungen) noch Widersprüche bringen würden. Falls ja, notiere ich gezielte Fragen für das nächste Sampling. Falls nein, markiere ich meine Kategorie als vorläufig gesättigt – bereit für theoretische Verdichtung.

Qualitative empirische Dokumentation

  • 1 Beziehungsskizze (Foto oder digitale Grafik),
  • 3–5 theoretische Codes (Verknüpfungen),
  • 8–10-Satz-Mini-Modelltext,
  • 1–2 Sätze zur Sättigung (Was fehlt noch?).

Fiktives Sprachmuster (heuristisch; wird empirisch geprüft)

„Wenn Unklarheit über Regeln besteht (Bedingung), entsteht Taktisches Schlangestehen als Regelersatz. Gleichzeitig fördert Affektives Synchronisieren kurzzeitige Ordnung durch geteilte Blicke und Gesten. Beides bildet eine Affekt-Regulations-Kette, die stabil bleibt, solange keine formelle Ansage eingreift.“

Forschungstagebuch

Ich notiere 2–3 Sätze zur metatheoretischen Selbstreflexion: Welche Art von Denken lag meinen Beziehungsannahmen zugrunde (linear, zyklisch, systemisch)? Wo merke ich, dass mein Theoriebau eigene Erwartungen reproduziert?

Leitfragen für die Selbstreflexion

  • Welche Kategorie hat die stärkste Erklärungskraft und warum?
  • Welche Beziehungen sind empirisch belegt – welche nur gedacht?
  • Wie verändert sich mein Modell, wenn ich eine Bedingung umkehre?
  • Welche Dimension würde ich theoretisch noch samplen müssen, um mein Modell zu testen?

Literatur (APA)


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